Startseite » FOCUS-online-Serie: Die Überlebenden – Im Urlaub entführt, 140 Tage Geiselhaft in den Philippinen
Mindanao

FOCUS-online-Serie: Die Überlebenden – Im Urlaub entführt, 140 Tage Geiselhaft in den Philippinen

Göttingen, Deutschland – Marc Wallert verbrachte 140 Tage in Gefangenschaft. Im Urlaub wurden er und seine Familie von einer Terrorgruppe entführt. – klajoo.com – Über ein Leben ohne Strom und fließend Wasser – und darüber, warum “Krönchen richten und weitergehen” nicht immer die richtige Strategie ist, schrieb FOCUS-online-Redakteurin Anna Schmid.

Im Urlaub entführt, 140 Tage Geiselhaft in den Philippinen. “Sie drohten uns mit Enthauptung.”

Es war eine anstrengende Zeit. Marc Wallert, damals 26 Jahre alt, arbeitete als Unternehmensberater.

“Ein Job, der viel mit Zahlen und Analysen zu tun hat. Und einer, bei dem man ständig auf Achse ist”, sagt er im Gespräch mit FOCUS online.

Wallert wollte zur Ruhe kommen, mal wieder Zeit mit seiner Familie verbringen. Also flog er mit seinen Eltern nach Malaysia – zum Tauchen auf der Insel Sipadan. Das war im April 2000.

Die meisten Menschen rechnen wahrscheinlich nicht damit, im Urlaub entführt zu werden. Auch Wallert nicht. Doch genau das passierte ihm und seinen Eltern am Ostersonntag.

“Es war abends, wir saßen am Ufer und sahen uns den Sonnenuntergang an. Da kamen plötzlich, wie aus dem Nichts, bewaffnete Männer auf uns zu, zwangen uns, in ein Schnellboot zu steigen und fuhren mit uns 20 Stunden durchs offene Meer”, sagt er.

Terrorgruppe verschleppte Wallert und seine Eltern

Das Ziel der Männer: die Insel Jolo, ein kleines Eiland in der Sulu-See. Jolo liegt im Süden der Philippinen und gilt als Problemregion. Seit vielen Jahren kämpfen von der Regierung unterstützte Sicherheitskräfte gegen die islamistische Terrorgruppe Abu Sayyaf.

Sie wurde in den Neunzigerjahren mit Geld des Al-Kaida-Führers Osama bin Laden gegründet. Mitglieder der Abu Sayyaf waren es auch, die Wallert und seine Familie kidnappten, zusammen mit 18 anderen Urlaubern. Unter den Verschleppten waren Deutsche, Franzosen, Malaysier, Finnen, Südafrikaner und Philippiner.

Wenn der gebürtige Göttinger heute über den Tag der Entführung spricht, klingt das sachlich und unaufgeregt. Dabei weiß Wallert noch sehr genau, wie er sich damals, mit 26 im Schnellboot einer Terrorgruppe, fühlte.

“Wir waren wie gelähmt, standen unter Schock”, sagt er. Der entspannte Traumurlaub hatte sich in eine Alptraum-Reise verwandelt, von einer Sekunde auf die andere. Wallert fragte sich oft, ob nicht alles anders gelaufen wäre, hätte er sich kurz vorher anders entschieden. – Focus/RM

Add Comment

Click here to post a comment