Heiko Eckard – Donnerstag, 26. August 2021 – Auf folgende Gedanken kam ich… – …als ich gestern morgen Anderson Cooper bei “CNN” sah, der sich mit wem auch immer unterhielt, warum die Amerikaner in Afghanistan mit dem Anspruch des “Nation Building” so kolossal gescheitert waren. Man kann sich in ein Gespraech verzetteln, was unter dem Begriff zu verstehen sei, und wie man das dann gegen die Wirklichkeit haelt. Man kann aber auch, wie ich das tat, in eigene Gedanken abschweifen, wozu der Fernseher lief wie diese Art Musik, mit der Kaufhaeuser ihre Kunden berieseln.
Es ging aus von einem Kommentar, der mich sehr geaergert hatte. Zu meiner Geschichte, dass ich mit einer Frau aus dem Viertel gesprochen hatte, die Angst hatte sich impfen zu lassen, schrieb jemand in “klajoo”, dass es gefaehrlich sei, jemand zur Impfung zu raten. Wenn die Frau Nebenwirkungen erleidet, heiszt es dann naemlich, die Langnase sei Schuld, weil er das empfohlen hat. Nun ist es aber so, dass ich nicht die Impfung empfohlen hatte, sondern ich sagte der Frau, dass sie mehr Angst haben muesse, nicht geimpft zu sein, wenn die Delta-Variante GenSan erreicht.
Der Kommentar ging mir auch wegen enthaltener Falschinformationen – die Krankenhaeuser seien voll von Geimpften, nicht von den Ungeimpften (!) – so gegen den Strich, dass ich ernsthaft ueberlegte, die Veroeffentlichung in “klajoo” zu untersagen, weil ich mit solchem Aluhut-Bloedsinn nicht gemeinsam auf einer Seite zu lesen sein will.
Ich beruhigte mich spaeter wieder und beschloss mir eine Teflonhaut zuzulegen, damit dergleichen an mir spurlos abperlen kann. Wir leben nun mal in einer Welt, und Weglaufen gilt nicht.
Ich sprach gestern frueh mit meiner Frau darueber, dass Duterte bei den kommenden Wahlen als Vize kandidieren will. Meine Frau – Stimme des Volkes – fand dies sehr vernuenftig, dass er die Projekte, die er begonnen hat, zu Ende bringen will – Schluss mit der Korruption und der NPA.
Ich bestaetigte, dass dies – in umgekehrte Folge – die Begruendung des Praesidenten war. Wir waren dann jedoch uneins, ob Dutertes Tochter Sara fuer das Amt des Praesidenten kandidieren wird oder nicht.
Meine Frau ist der Meinung, dass es da eine Absprache in der Familie gibt, dass sie nicht kandidiert, sondern sich um Davao kuemmert, waehrend ihr Vater das Land im Auge behaelt. Ich hielt dagegen, dass Inday Sara ihren eigenen Kopf hat, und dass sie daher durchaus gegen ihren Vater kandidieren koenne.
Nein, nein, fand meine Frau, so laeuft das nicht in der Familie, und wieder mal fand ich mich in der Situation, mit einer Filipina im Gespraech keinen gemeinsamen Nenner zu einer, wie ich meinte, sachlich diskutablen Frage zu finden.
An dieser Stelle nun vor dem Fernseher, ungefaehr drei Stunden nach dem Gepraech mit meiner Frau, daemmerte mir langsam das Problem:
Eine Einsicht ist keine Frage von Saetzen, die sich gegeneinander halten und abwaegen lassen.
Einsichten wachsen in einem Wald von Geschichten, ohne den nichts zu verstehen ist, ganz so, wie man “Wald” nicht verstehen kann, egal wie lange man einen einzelnen Baum betrachtet. Man muss schon laenger im Fuerther Stadtwald spazieren gegangen sein, um zu wissen, was ein Wald ist (jeder andere Wald tut’s auch).
Es ist dies eine der Grundeinsichten der Philosophie der Geschichten, dass es nicht die Worte oder die Saetze sind, die wir verstehen. Wir verstehen immer nur Geschichten, und die haben eine Eigenart – man kommt mit keiner Regel von Worten und Saetzen zu einer Geschichte. Jede Grammatik endet mit dem Satz. Die Geschichte sucht sich, wie sie meint, passende Worte und Saetze, um sich dem anderen mitzuteilen.
Das klappt nicht immer.
Mir bestaetigt das mal wieder, dass die Philosophie der Geschichten sich zwar recht einfach anhoert – wir verstehen immer nur Geschichten – es ist aber ungeheuer schwer, sich daran auch zu halten. Zu sehr sind wir davon durchdrungen, dass Worte und Saetze etwas bedeuten. Das ist ein Irrtum – es gibt nichts Unbedeutenderes. Man kann aus Duden plus Grammatik keine Geschichte zimmern, oder, wie es Wilhelm Schapp in “Philosophie der Geschichten” formulierte: “Man kann Geschichten weder aus Sätzen zusammenstellen noch in Sätze aufteilen.” Man kann nur, nachdem unendlich viele Geschichten erzaehlt wurden, dazu einen Duden und Regeln finden, wie Geschichten ueberwiegend mit Hilfe der Sprache weitergetragen wurden.
Das hilft aber nicht beim Verstaendnis.
Dazu muss man leben und sich mit Menschen unterhalten. An der Stelle danke ich noch einmal dem Leser, der mir zu dem “gescheiterten Gespraech” mit der Frau, die Angst hatte, sich impfen zu lassen, schrieb:
“Wenn man Argumente austauscht, auf keinen Nenner kommt, und das ohne Streit oder Beleidigungen akzeptiert und freundlich auseinandergeht….. Das ist doch gesunder Menschenverstand. Seh ich mal so….”
Wir muessen miteinander auskommen. Das bringt uns weiter, fuehrt zu Verstaendnis und hin und wieder auch zu dieser und jener Einsicht. Dazu dient Sprache, und nicht, um Recht zu haben oder zu bekommen.
An dieser Unumkehrbarkeit des Zugangs zu Geschichten – niemals von Worten zur Geschichte, immer nur top-down von der Geschichte hinab bis ans Eingemachte – liegt das kuerzlich diskutierte Unverstaendnis von Ost und West. Man haengt sich an Worten auf, wo es doch darauf ankaeme, sich als Zuhoerer durch den “Wald” fuehren zu lassen, statt sich an “Baeume” zu klammern.
Um aus dem Gestruepp nun auf den Beginn des Gedankenganges zu kommen, dass die Amerikaner in Afghanistan mit dem Anspruch des “Nation Building” so kolossal gescheitert sind – haben die sich zuvor mit den Afghanen unterhalten, warum sie da sind und denen auch zugehoert?
Diese hoechst philosophischen Gedanken… – …hatte ich vor dem Essen in den PC getippt, als kurz nach Mittag die Meldung von “PNA” kam mit der Ueberschrift “Duterte won’t run for VP if Sara joins prexy race”. Darin heiszt es, dass Praesident Duterte nicht als Vize kandidieren wird…
“ … falls seine Tochter, die Bürgermeisterin von Davao City, Sara Duterte, die Präsidentschaft anstrebt, sagte Malacañang am Mittwoch.
“ Duterte machte diese Ankündigung während seiner aufgezeichneten Ansprache an das Volk am Dienstagabend, sagte Präsidentensprecher Harry Roque in einem Interview mit Radyo Pilipinas.
“ Die letzte Aussage des Präsidenten wurde jedoch herausgeschnitten.
“ Roque sagte, er sei sich nicht sicher, warum der Teil von Dutertes Rede während seiner aufgezeichneten Ansprache an das Volk entfernt worden sei.
“ Er bestätigte jedoch, dass Duterte gesagt habe, er und Senator Christopher Lawrence „Bong“ Go würden nicht an der Vizepräsidentschafts- bzw. Präsidentschaftskandidatur 2022 teilnehmen, falls Sara ihre Präsidentschaftskandidatur ankündige.
“ Duterte, der von Roque zitiert wird, sagte: „Sollte Sara sich entscheiden zu kandidieren, ist Bong Go raus. Ich für meinen Teil, wenn sie kandidiert, bin raus, denn wir können nicht beide [an den Wahlen] teilnehmen.
“ […]”
Ei nun, sagte ich mir, das ist mal eine Meldung. Um sie zu bestaetigen, nahm ich die Google-Uebersicht und fand prompt eine Meldung des “Inquirer” mit der Ueberschrift “‘Unpleasant event’: Sara Duterte outs President Duterte, Bong Go’s 2022 plans”. Hier lese ich dies:
“ Nachdem Präsident Rodrigo Duterte selbst seine Kandidatur für das Amt des Vizepräsidenten bestätigt hat, forderte Sara Duterte-Carpio, Bürgermeisterin von Davao City und Tochter des Präsidenten, am Montag ihren Vater und Senator Bong Go auf, ihre Entscheidung, als Tandem zu kandidieren, „öffentlich zu bekennen“.
“ Duterte-Carpio brach ihr Schweigen, indem sie sagte, der Präsident habe ihr persönlich seine Entscheidung bestätigt, für das zweithöchste Amt zu kandidieren, mit seinem langjährigen Helfer Go als Präsident.
“ „Der Präsident hat mir vor kurzem persönlich bestätigt, dass er für das Amt des Vizepräsidenten kandidieren wird und Senator Go als Präsident. Das war kein angenehmes Ereignis“, sagte Duterte-Carpio in einer Erklärung.
“ Sie enthüllte, dass sie kürzlich zwei Briefe mit der Bestätigung des Präsidenten erhalten habe, die ihr zwei Optionen für die nationalen Wahlen 2022 eröffneten.
“ „Ein Brief erklärte, warum ich das Tandem G0-Duterte unterstützen sollte, und der andere schlug vor, dass ich Senator Go als meinen Vizepräsidenten wählen sollte“, sagte sie.
“ Duterte-Carpio forderte daraufhin ihren Vater und Go auf, „ihre Entscheidung, als Tandem zu kandidieren, öffentlich zu bestätigen“.
“ „Wenn sie es privat bestätigen können, dann sehe ich keinen Grund, warum sie es nicht auch der Öffentlichkeit gegenüber offen sagen können. Sie sollten den Menschen einfach präsentieren, was sie unserem Land bieten können und wie sie unseren philippinischen Mitbürgern helfen können“, sagte Duterte-Carpio.
“ „Ich rate ihnen respektvoll, nicht mehr über mich zu sprechen und mich zum Grund für ihre Kandidatur zu machen“, fügte sie hinzu.
“ […]”
Laeuft dort ein Drama mit dem Titel “Ein Zwist im Hause Duterte”? Kein Gedanke an die Vermutung meiner Frau von einer “Absprache in der Familie”. Man verkehrt schriftlich miteinander, und das nicht grad auf freundschaftlichem Fusze.
“Duterte vs Duterte”… – …titelt heute frueh die “Times”, und natuerlich haben auch das “Bulletin ~ Duterte, Go out if Sara runs for president in 2022; PRRD cites ‘delicadeza’ – Roque” und der “Standard ~ Sara dares Bong, Rody to confirm pairing, bares two options” das Thema auf der Pfanne.
Sie bringen keine neue Information gegenueber dem, was ich gestern schon gelesen und hier beschrieben habe. Mir missfaellt an der Angelegenheit, dass eher beilaeufig erwaehnt wird, dass die veroeffentlichte Rede des Praesidenten um diesen entscheidenden Hinweis gekuerzt wurde, dass Go und er zurueckstehen werden, wenn Sara antritt.
Nun ging ich bisher davon aus, dass in den Transkripten des PCOO (Presidential Comunications Operations Office) das steht, was der Praesident gesagt hat, schlieslich wird es ja auch unter dem Titel “Full Transcript” angeboten. Und wenn dort etwas nicht steht, dann hat der Praesident das auch nicht gesagt.
Das Transkript der Dienstagabend-Rede ist nun im Netz. Es endet mit Dutertes Schlussbemerkung im Tagalog-Englisch-Mix, mit der er auf die Bitte von Rechtsberater Salvador Panelo antwortet, sich zum Wunsch des Volkes zu seiner Kandidatur fuer das Amt des Vizepraesidenten zu aeuszern:
“ Wollen Sie das wirklich? Oh, klar doch, ich kandidiere als Vizepraesident. Dann werde ich den Kreuzzug fortsetzen. Ich mache mir Sorgen wegen der Drogen, dem Aufstand, na ja, Nummer eins ist der Aufstand, dann Kriminalitaet, Drogen.
“ Ich habe vielleicht nicht die Macht, die Richtung oder Anleitung zu geben, aber ich kann immer meine Ansichten oeffentlich aeuszern. Was auch immer es in den kommenden Tagen wert sein wird, das liegt an den Filipinos. Es ist einfach da, lasst es mich nur sagen.
“ Ist das in Ordnung so, Sal[vador]? Also, Sal, herzlichen Glueckwunsch, es geht dir gut. Und ich werde dir auch dankbar sein wegen der Menschen, die uns dankbar sind. Eigentlich brauchen sie das nicht, dankbar sein. Das ist unsere Aufgabe.
“ Sie muessen es nicht wissen — weiszt du, naehre Dankbarkeit in ihren Herzen, denn das ist — es hat keine Bedeutung fuer uns, wir sind in der Regierung. Wie ich schon sagte, wir sind Arbeiter der Regierung und wir arbeiten fuer das Volk, Punkt. Und wenn Sie weitere Fragen haben, machen Sie sich keine Sorgen, wir sind schon bezahlt. Was braucehn wir also noch?
“ Okay, damit moechte ich der philippinischen Nation gute Nacht sagen und danke fuer Ihre — Dankeschoen fuer ihr Teilnahme – uns zuzuhoeren.
“ [Applaus]
“ ENDE”
So banal endet das Transkript, kein Hinweis auf irgendwelche Auslassungen.
Wem darf ich nun glauben – dem Transkript, oder Harry Roque, der behauptet, dass der Praesident noch was gesagt hat, was aber editiert wurde?
Mir stinkt das.
Gemaesz “PNA”, “Inquirer”, “Manila Times”, “Manila Bulletin”, “Manila Standard” u.a. uebersetzt mit DeepL.
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